Auszüge aus Walahfrid Strabos Hortulus-Gedicht
(aus: Walahfrid Strabo, De cultura hortorum, 827,
Übersetzung: W. Näf und M. Gabathuler in H.-D. Stoffler 2000)
(aus: Walahfrid Strabo, De cultura hortorum, 827,
Übersetzung: W. Näf und M. Gabathuler in H.-D. Stoffler 2000)
Leuchtend blühet Salbei ganz vorn am Eingang des Gartens,
Süß von Geruch, voll wirkender Kräfte und heilsam zu trinken.
Manche Gebresten der Menschen zu heilen, erwies sie sich nützlich,
Ewig in grünender Jugend zu stehen hat sie sich verdient.
Aber sie trägt verderblichen Zwist in sich selbst: denn der Blumen
Nachwuchs, hemmt man ihn nicht, vernichtet grausam den Stammstrieb,
Läßt gierigem Neid die alten Zweige ersterben.
Diesen schattigen Hain ziert dunkelfarbiger Raute
Grünend Gebüsch. Ihre Blätter sind klein, und so streut sie wie Schirmchen
Kurz ihren Schatten nur hin. Sie sendet das Wehen des Windes
Durch und die Strahlen Apolls bis tief zu den untersten Stengeln.
Rührt man leicht sie nur an, so verbreitet sie starke Gerüche.
Kräftig vermag sie zu wirken, mit vielfacher Heilkraft versehen,
So, wie man sagt, bekämpft sie besonders verborgene Gifte,
Reinigt den Körper von Säften, die ihn verderblich befallen.
Ebenso leicht ist’s, den hohen Wuchs deiner Staude zu preisen,
Eberraute, bewundernd das Blattwerk, das reich sich entfaltet,
Üppig in Zweige geteilt und feinen Haaren vergleichbar.
Dieser duftende Schopf, zugleich mit den biegsamen Zweigen
Ärztlichen Mitteln vermengt, ergibt eine nützliche Mischung.
Fieber wehret sich ab, scheucht Seitenstechen, bringt Hilfe,
Wenn die tückische Gicht uns mit plötzlichem Anfall belästigt.
Aber noch mehr: Sie hat so viel Kräfte wie haarfeine Blätter.
Siehe, da wächst auch der Kürbis. Aus winzigem Samen zur Höhe
Reckt er sich, streut mir den Schilden der Blätter riesige Schatten
Und entsendet mit üppigen Zweigen haltende Ranken.
Gleich wie der laubige Efeu die ragende Ulme umwindet,
Legt seine schmiegenden Arme vom Mutterschoße der Erde
Rings um den Baum und, reichend empor zum obersten Wipfel,
Decket die Runzeln der Rinde mit seinem frischgrünen Kleide,
Oder auch wie die an Bäumen gezogene Rebe am Stamme
Ranket und oben die Zweige mit Beerenbüscheln bekleidet,
Steigend aus eigener Kraft hinauf in die Höhe der Krone,
Also daß von dem fremden Sitze die rötlichen Trauben
Hangen du siehst, denn Bacchus belastet das grünende Stockwerk,
Und seine stärkeren Triebe zerteilen hoch oben das Laubdach:
So sucht auch mein Kürbis, aus schwächlichem Stamme entsprossen,
Halt an den gabligen Stützen, die man ihm dazu bereitstellt.
Klammernd mit hakigen Ranken, erfaßt er die Zweige der Erle.
Daß kein tobender Sturmwind ihn loszureißen vermöge,
Treibt er gleich viele Ranken hervor, wie er Knoten erzeuget,
Und weil jede am Ende in doppelte Klammern sich gabelt,
Packen sie rechts und links von allen Seiten die Stütze.
Gleich wie wenn spinnende Mädchen die weiche Wolle hinüber
Ziehn auf die Spindel, und wie sie, geschwungen zu großen Spiralen,
Ordnen in zierlicher Windung die ganze Reihe der Fäden,
Also umschnüren in Ketten die weitausholenden Ranken
Und verkleiden von Stufe zu Stufe die rundlichen Zweige,
Bringen es fertig, mit fremden Kräften gar über den Dachfirst
Hoher Hallen in schwimmendem Flug triumphierend zu steigen.
Wie vermag nun die rings von den Zweigen hangenden Früchte
Würdig zu preisen? Sie sind allenthalben mit Furchen nicht minder
Sicher geformt, als wenn du gedrechseltes Holz, in der Mitte
Künstlich vom Messer des Drechslermeisters geglättet, betrachtest.
Abwärts gebogen an schmächtigem Stiele hangen die Früchte,
Tragen am schlanken, länglichen Halse gewaltige Körper;
Riesenhaft dehnt sich die Fülle sodann zum gewichtigen Leibe,
Alles ist Bauch und alles ist Wanst. Und im Kerker der Höhlung
Nähren, geordnet in Reih und Glied, sie zahlreiche Kerne;
Fruchtbar verheißen sie dir entsprechend üppige Ernte.
Ja, solange die Frucht des Kürbis noch saftig und zart ist,
Ehe die Flüssigkeit, die sie im Innern birgt, beim späten
Nahen des Herbstes vertrocknet und rings die Schale verholzet,
Sehen wir sie nicht selten mit anderen köstlichen Speisen
Umgehn am Tische; getränket im Fett der dampfenden Pfanne,
Mögen fürwahr die wohlzubereiteten Stücke gar manchmal
Trefflich den Nachtisch versehen als süße Delikatesse.
Läßt man jedoch die Frucht am Mutterstock ihrer Pflanze
Dulden des Sommers Glut und schneidet sie reif mit dem Messer,
Kann als Gefäß sie gestaltet werden zu stetem Gebrauche,
Schafft man die Eingeweide heraus aus dem bauchigen Körper,
Schneidend leicht mit dem Eisen, im Drehen das Innere glättend.
Eines Schoppens Menge hat manchmal Platz in der Höhlung,
Oder sie faßt gar in sich den größeren Teil eines Maßes.
Dieser Krug, verpichst du ihn wohl mit Pechleim, bewahret
lange dir frisch die Gaben des spendenden Bacchus Lyæus.
Gleichfalls am selbigen Platz, wo den untersten Beeten sich anschließt
Jene üppige Saat, die in dürftigem Lied ich besungen,
Sieht man ein kräftiges Rankengewächs von anderer Gattung
Kriechen auf staubigem Grund und runde Früchte erzeugen.
Diese Sorte von Früchten, sie lagert sich meist auf des Bodens
Trockenem Rücken und schwillt in erstaunlich mächtigem Wachstum,
Bis sie dann, gelblich gefärbt von den Sonnenstrahlen des Sommers,
Füllet mit reifem Ertrag die Körbe des erntenden Gärtners.
Dann kann man sehn, daß die einen von ziemlich schlanker Gestalt sind,
Andre dagegen, mit wohlentwickeltem Bauch, sind ovaler
Form, dem beweglichen Rund einer Nuß, eines Eis zu vergleichen,
Ähnlich wohl auch einer Kugel, die hängt an gebogenen Händen,
Glänzend sich dreht als Blase um schäumende Seife beim Waschen,
Ehe der Schaum noch zergeht, zurückgeflossen zu Wasser;
Während er steif noch steht an den fest verschlungenen, in einem
Eifer sich gegenseitig und wechselnd reibenden Fingern,
Öffnet sich zwischen den Händen nur eng ein Durchpaß und Ausgang;
Bläst man hinein aus zusammengezogenem Munde den Atem,
Dehnt sich die luftige Masse, wie wenn aus Glas sie bestünde,
Formt eine Kugel, schwebend genau an der Stelle des Grundes,
Wo sich die Wölbung der Hände von allen Seiten vereinigt.
Wenn nun tief in den Leib dieser Frucht eindringet das Messer,
Locket es reichliche Bächlein hervor, und es schwimmen im Safte
Massenhaft Samen. Zerteilt man das hohle Gehäuse von Hand in
Zahlreiche Stückchen, so freut sich der Gastfreund bei Tische des guten
Leckerbissens der Gärten. Denn Weiße des Fleischs und Aroma
Schmecken dem Gaumen, und nicht wird solcherlei Speise die harten
Backenzähne erschrecken: gekaut schon im eiligen Schluck, hält
Kühl mit natürlicher Kraft sie die Eingeweide des Leibes.
Dicht daneben der Platz trägt die Stauden des bitteren Wermuts,
Der mit zähem Gezweig der Mutter der Kräuter verwandt ist.
Anders jedoch ist die Frabe des Laubs, der entwickelten Zweige
Duft ist ein anderer, und bittrer bei weitem schmeckt er zu trinken.
Brennenden Durst zu bezwingen und Fieberglut zu vertreiben,
Diese Wirkung durch rühmliche Kraft kennt man lang aus Erfahrung.
Auch wenn plötzlich vielleicht der Kopf dir hämmert in scharfem
Stechendem Schmerz oder quälender Schwindel erschöpfend dich heimsucht,
Wende an ihn dich um Hilfe und koche des laubigen Wermuts
Bitteres Grün; dann gieße den Saft aus geräumigem Becken
Und überspüle damit den höchsten Scheitel des Hauptes.
Hast du mit dieser Brühe die feinen Haare gewaschen,
Lege dir auf, daran denke, zusammengebundene Blätter,
Und eine mollige Binde umschlinge das Haar nach dem Bade.
Ehe noch zahlreiche Stunden im Laufe der Zeiten verrinnen,
Wirst du dies Mittel bewundern nebst all seinen anderen Kräften.
Soll ich den Andorn daneben erwähnen, das schätzbare, kräftig
Wirkende Kraut, mag schärfer er zwar auch brennen im Munde
Und im Geschmack sich weit unterscheiden von seinem Geruche?
Duftet er süß, so schmeckt er nicht süß, doch vermag er zu lindern
Arge Beklemmung der Brust, geschluckt als bitteres Tränklein,
Ganz besonders dann, wenn er heiß vom Feuer geschlürft wird
Und man sich zwingt, nach dem Mahl davon becherweise zu trinken.
Sollten dir Stiefmütter je feindselig bereitete Gifte
Mischen in das Getränk oder trügenden Speisen verderblich
Eisenhut mengen, so scheucht ein Trank des heilkräftigen Andorns,
Unverzüglich genommen, die drohenden Lebensgefahren.
Auch die Ehre des Fenchels sei hier nicht verschwiegen; er hebt sich
Kräftig im Sproß, und er strecket zur Seite die Arme der Zweige,
Ziemlich süß von Geschmack und süßen Geruches desgleichen.
Nützen soll er den Augen, wenn Schatten sie trügend befallen,
Und sein Same mit Milch einer Mutterziege getrunken,
Lockre, so sagt man, die Blähung des Magens und fördere lösend
Alsbald den zaudernden Gang der lange verstopften Verdauung.
Ferner vertreibt die Wurzel des Fenchels, vermischt mit dem Weine,
Trank des Lenæus, und so genossen, den keuchenden Husten.
Da will ich nicht übergehn, Gladiole, deren Benennung
Nach dem Namen des Schwerts freischaffende Sprache gebildet.
Du bescherst mir den Schmuck deiner purpurfarbenen Blüte
Früh im Sommer an Stelle des dunkellieblichen Veilchens.
Oder du gleichst Hyacinth, der am Altar Apollos als Blume
Wiedererstand, aus dem Tod des zarten Jünglings geboren
Und an der Blüte Stirn seines Namens Zeichen verewigt.
Deiner Wurzel getrocknete Stückchen lösen zerrieben
Wir in flüssigem Wein, und der Blase grausame Schmerzen
Dämpfen nicht minder wir trefflich mit diesem künstlichen Heiltrank.
Du gibt dem Walker das Mittel, mit dem er das Leinengewebe
Glänzend und steif appretiert und ihm Duft wie von Blumen verleihet.
Liebstöckel, kräftiges Kraut, dich zu nennen im duftenden Dickicht
Heißt mich die Liebe, mit der ich im Gärtchen alles umfasse.
Zwar durch Saft und Geruch, so glaubt man, soll diese Pflanze
Schaden den Zwillingssternen der Augen und Blindheit bewirken.
Aber die kleinen Samen der Pflanzen pflegen doch manchmal als Beisatz
Andrer Arznei durch fremdes Verdienst sich Lob zu erwerben.
Die du mit heiligem Mund das hochberühmte Gedächtnis
So vieler Kriege besingst und so viel bedeutender Taten,
Fromme Erato, verschmähe es nicht, den bescheidenen Reichtum
Meiner Gewächse im Garten mit mir im Gedicht zu durchgehen.
Spreitet der Kerbel, dies Kraut Mazedoniens, schwächliche Zweige,
Mag er in zahlreichen Dolden geringe Samen nur liefern, –
Mildert er doch, jahraus, jahrein stets frisch zu bekommen,
Armut bedürftiger Leute mit seinen reichlichen Gaben,
Und es fehlt ihm, als leichtes Mittel zur Hand, auch die Kraft nicht,
Bächlein des Blutes, rieselnd über den Körper, zu stillen.
Auch falls einmal der Leib von lästigen Schmerzen gequält wird,
Legt er ihm Umschläge auf, nicht ohne treffliche Wirkung,
Wenn er Minze sich selbst und Blätter des Mohnes hinzufügt.
Leuchtende Lilien, wie soll im Vers und wie soll im Liede
Würdig euch preisen die dürftige Kunst meiner nüchternen Muse?
Euer schimmerndes Weiß ist Widerschein schneeigen Glanzes,
Holder Geruch der Blüte gemahnt an die Wälder von Saba.
Nicht übertrifft an Weiße der parische Marmor die Lilien,
Nicht an Düften die Narde. Und wenn die tückische Schlange
Listiger Art gesammeltes Gift aus verderblichem Munde
Spritzt und grausamen Tod durch kaum erkennbare Wunde
Sendet ins innerste Herz, dann zerreibe Lilien im Mörser,
Trinke den Saft, dies erweist sich als nützlich, mit schwerem Falerner.
Oder bei Quetschungen lege man sie auf die bläuliche Stelle,
Alsbald wird man auch hier zu erkennen vermögen die Kräfte,
die diesem heilenden Stoffe gegeben sind, Wunder bewirkend.
Schließlich ist Liliensaft auch gut bei Verrenkung der Glieder.
Hier gefällt es mir wohl, im Kranz meiner leichten Gedichtchen
Nun des Feldmohns Erwähnung zu tun, den die Mutter Latona
Trauernd wegen des Raubs ihrer Tochter genossen, so sagt man,
Daß ersehntes Vergessen die Brust ihr vom Kummer befreie.
Zugleich vermag, wie man sieht, ein schlimmes Geschwür, das unleidlich
Bitter vom Grunde der Brust bis hinauf zur Pforte des Mundes
Aufstößt, mit Hilfe des Mohns sehr häufig Heilung zu finden.
Trächtig von körnigen Samen vermag sich sein Haupt an dem schwachen,
Vorgeneigt hangenden Halse hinauf zur Höhe zu strecken,
Und nach Art der Granate, des Apfels aus punischem Lande,
Unter dem faltigen Mantel der einzigen Schale verbirgt er
Körner in großer Fülle von hochzupreisender Wirkung,
Und vom Geräusch des Kauens empfing er den sprechenden Namen.
Hier unter jungem Grünzeug erhebt sich mit kräftigem Stengel
Dunkel Sclarega, nach oben verbreitet sie Zweige und Blätter.
Da sie nur selten zur Hilfe in Krankheit irgend verlangt wird,
Möchte man glauben, sie sei wohl den Händen der Ärzte entgangen.
Gleichwohl vermag sie zu spenden, in süßwarmes Wasser gegeben,
Heilende Kräfte sowohl wie Tränke von duftender Würze.
Dicht bei ihr [Sclarega] verbirgt sich ein Wäldchen,
und nicht als das letzte Costus des Gartens.
Kocht man die Wurzel, mit heilsamer Hilfe
Fördert sie träge Verdauung und regelt glücklich den Stuhlgang.
Nimmer fehle mir auch ein Vorrat gewöhnlicher Minze,
So verschieden nach Sorten und Arten, nach Farben und Kräften.
Eine nützliche Art soll die rauhe Stimme, so sagt man,
Wieder zu klarem Klang zurückzuführen vermögen,
Wenn ein Kranker, den häufige Heiserkeit quälend belästigt,
Trinkend einnimmt als Tee ihren Saft mit nüchternem Magen.
Noch eine Art dieser Pflanze, von mastigem Wuchs, ist vorhanden,
die nicht mehr bloß eines kleinen Gewächses Schatten verbreitet,
Sondern nach Art des Holunders mit starkem Stengel emporstrebt,
spreitet nach allen Seiten die großen Flügel der Blätter.
Anders ist ihr Geruch und ihr Saft etwas herber zu trinken.
Wenn aber einer die Kräfte und Arten und Namen der Minze
Samt und sonders zu nennen vermöchte, so müßte er gleich auch
Wissen, wie viele Fische im Roten Meere wohl schwimmen,
Oder sie viele Funken Vulkanus, der Schmelzgott aus Lemnos,
Schickt in die Lüfte empor aus den riesigen Essen des Aetna.
Nicht erlaubt des Gedichtes Kürze, die Tugenden alle
Dieser Minze Polei in eilendem Vers zu erfassen.
Soviel soll bei den kundigen Ärzten der Inder sie gelten,
Wie bei den Galliern wert ist ein ganzer Vorrat des schwarzen
Indischen Pfeffers. Vermöchte da einer noch länger zu zweifeln,
Daß gar manche Beschwerden gelindert werden durch dieses
Kraut, wenn zu höchstem Preis es begierig erwirbt jenes reichste
Volk, das in Ebenholz schwelgt und in Gold, und welches dem Erdkreis
Köstliches liefert, was er nur will. O wie hoch sind zu preisen
Güte und Weisheit des mächtigen Donn’rers, die keinem der Länder
Herrliche Gaben des Reichtums versagen; denn was unter diesem
Himmel nur selten du siehst, – in anderer Gegend ist dessen
Solche Fülle vorhanden wie hier von gewöhnlichsten Dingen.
Andererseits, was dir wertlos erscheint und verächtlich, das kaufen
Mächtige Reiche vielleicht bei dir zu beträchtlichen Preisen,
So daß Anteil gewinne ein Land am Ertrage des andern
Und durch die Länder der Erde ein einziger Haushalt bestehe.
Glaube mir, Freund, die Minze Polei, gekocht, wird dir heilen,
Sei es als Trank oder Umschlag, den stockenden Gang der Verdauung.
Künden wir hier, was mit ernster Methode wir sicher erkannten,
Mögen nach Recht und Brauch wir einiges, was wir nur hörten,
Fügen in unser Gedicht: Puleiumzweig mit Aurikel
Winde zum Kranze, daß Sonnenhitze nicht Kopfweg bewirke,
Wenn sie in freier Luft zur Sommerszeit dich durchströmet.
Wenn nicht, enteilend, Thalia mich zwänge, die Segel zu streichen,
Und mich die Muse mich mahnte, doch endlich den Hafen zu suchen,
Könnte ich, weitererzählend, dir mancherlei Blumen noch pflücken.
Zwar ist in unseren Gärten die Sellerie billig geworden,
Und es meinten wohl viele, sie tauge höchstens zur Speise.
Dennoch bietet aus eigener Kraft sie zahlreiche Mittel
Wirksamer Hilfe. Denn wenn ihre Samen zerrieben du einnimmst,
Soll, wie man sagt, dies die quälenden Leiden der Blase beheben.
Ißt man jedoch sie selbst mit dem zarten Trieb, so verdaut sie
Reste von Speisen, die noch im Innern des Magens rumoren.
Wenn den Tyrannen des Körpers würgender Brechreiz belästigt,
Trinke man Sellerie gleich mit herbem Essig und Wasser,
Dann wird, vom sicheren Mittel besiegt, die Übelkeit weichen.
Mag auch in Bergen und Wäldern, in Wiesen und Talgründen ringsum,
Aller Orten beinah, der Betonie köstliche Fülle
Häufig wildwachsend stehn, so besitzt doch auch sie unser Garten,
Und im bebauten Land gewöhnt er sie, sittsam zu werden.
So viel Lob hat sie schon aus aller Munde geerntet,
Daß meine Muse, wenn sie noch weiteres beifügen wollte,
Alsbald, in eitlem Bemühen versagend, erkennte, es bleibe,
Was sie auch vorbringen könnte, doch alles ganz ohne Nutzen.
Wenn du es wohl unternimmst, sie zu pflücken und grün zu verwenden,
Oder getrocknet dem schleichenden Winter sie aufzubewahren,
Ob nun die Becher schäumenden Mosts deine Kehle erfreuen,
Oder dir eher geduldig geklärte Gaben gefallen, –
Allem wird die erstaunliche Kraft dieses Krautes entsprechen.
So außerordentlich hoch, wir wissen es, schätzen sie manche,
Daß sie glauben, durch ihre Heilskraft sich schützen zu können
Gegen jegliche Not, die den Körper innerlich angreift.
Ununterbrochen pflegen deshalb sie täglich zu trinken
Diese kräftige Sorte des heilsamen Medikamentes.
Außerdem, wenn dein Kopf von feindlicher Wunde getroffen
Leidet und krankt, dann lege die heilige Pflanze, zerrieben,
Fleißig als Umschlag dir auf, und alsogleich wirst du bewundern
Ihre heilende Macht, denn fest wird die Wunde sich schließen.
Leicht erkennt man hier auch, in Reihen zierlich geordnet,
Odermennig, der zahlreich die Fluren ringsum bekleidet
Und in dem kargen Schatten der Wälder gedeiht und sich findet.
Mannigfach ehrt ihn der Ruf seiner heilsamen Kräfte, besonders
Zähmt er, zerrieben getrunken, die scheußlichen Schmerzen des Magens.
Hat ein feindliches Messer uns einmal am Körper verwundet,
Rät man uns wohl, zu seiner Hilfe Zuflucht zu nehmen,
Aufzulegen der offenen Stelle zerstoßene Keime,
Um durch dieses Verfahren Gesundheit wieder zu finden,
Wenn der Umschlag dazu noch mit beißendem Essig getränkt wird.
Nahe erhebt sich der Rainfarn, Ambrosia, wie er gewöhnlich
Heißet. Man lobt ihn zwar sehr; aber manche bezweifeln doch, ob es
Jene Ambrosia sei, die die Bücher der Alten so häufig
Nennen. Sicher verwenden in ihrem Berufe die Ärzte
Ihn als Arznei: er entzieht, als Mittel getrunken, dem Körper
So viel Blut, wie er Säfte ihm heilsam wiederum zuführt.
Bis heute ist unklar, ob Strabo mit „Ambrosia“ tatsächlich den Rainfarn meinte
oder evtl. die Schafgarbe (Achillea millefolium).
Katzenminze, das muntere Pflänzchen, gehört zu den Kräutern,
Die unser Gärtchen in stets erneuertem Nachwuchs hervorbringt.
Mit den Blättern gleicht sie der Nessel, und hoch an der Spitze
Spendet weithin die Blüte die angenehmsten Gerüche.
Sie, die längst der Behandlung verschiedener Krankheiten diente,
Wird in der Reihe der Pflanzen gewiß nicht als letzte gewertet.
Denn mit dem Öl der Rose vermischt, gibt der Saft eine Salbe,
Die, wie man sagt, vermöge die Schrammen verwundeten Fleisches
Und die entstellenden Spuren der eben verheilenden Narben
Gänzlich zu tilgen, der Haut ihre frühere Schönheit zu geben
Und zu erneuern die Haare, die manchmal ein schwärendes Übel
Frischer Verwundung durch Gift und Eiter gänzlich zerstört hat.
Hier der Rettich mit mächtiger Wurzel und von seiner Blätter
Breitem Dach überhöht, ist im letzten der Beete zu sehen.
Ziemlich scharf ist die Wurzel, gegessen besänftigt sie aber
Husten, der dich erschüttert, und Trank aus zerriebenen Samen
Heilet gar oft das Leiden derselben verderblichen Krankheit.
Wäre ich nicht zu müde, den Weg noch weiter zu wandern,
Schreckte mich nicht der beschwerliche Bau eines neuen Gedichtes,
Müßte die köstlichen Sträucher der Rose ich mit des Pactolus
Gold und der Araber schimmerndem Edelgestein nun umkleiden.
Weil Germanien tyrischen Purpurs entbehrt und das weite
Gallien nicht der leuchtenden Purpurschnecke sich rühmet,
Schenkt zum Ersatz die Rose alljährlich üppig goldgelben
Flor ihrer purpurnen Blüte, die allen Schmuck der Gewächse
Alsbald an Kraft und Duft, wie man sagt, so weit überstrahlte,
Daß man mit Recht als die Blume der Blumen sie hält und erkläret.
Sie erzeuget ein Öl, das nach ihrem Namen genannt wird,
Wie oft dieses zum Segen der Sterblichen nützlich sich zeiget, –
Keiner der Menschen vermag es zu wissen oder zu sagen.
Ihr zur Seite, bekannt und geehrt, stehn der Lilien Blüten,
Deren wehender Duft noch weiter die Lüfte durchtränket.
Wenn aber einer zerquetscht das glänzende Fleisch ihrer weißen
Frucht, so wird er verwundert bemerken, daß wie verflogen
Alsbald entschwindet jeder Gedanke an lieblichen Nektar.
Reinheit der Jungfrau, selig gepriesen, strahlt aus der Blume;
Dann nur leuchtet sie duftend, wenn Not der Sünde ihr fernbleibt,
Wenn unheiliger Liebe Begier ihre Blüte nicht knicket.
Gehet jedoch ihrer Unberührtheit Kleinod verloren,
Werden in üblen Gestank sich die holden Düfte verwandeln.